Das neues Lehr- und Lernformat zeigt Schülern das Know-how der Produktentwicklung. Mit einer Idee allein ist es im Allgemeinen noch nicht getan. Oft mangelt es am nötigen Equipment, um sie zu realisieren. Im Gespräch mit Sofia Delgado gibt Martin Bergmann, Projekt Koordinator an der Hochschule Pforzheim, Einblicke in ein geniales neues Format.
Seit 2019 können Studierende und Startups im sogenannten „Maker Space“ mit Soft- und Hardwareunterstützung, Ideen aus verschiedenen Bereichen der Produktentwicklung, wie Design, Konstruktion, Softwareentwicklung, Elektronik, Marketing und Betriebswirtschaft umsetzten und Prototypen an der Hochschule Pforzheim realisieren. Dazu können sie auf eine sehr moderne Infrastruktur aus Geräten zugreifen, die so gebündelt nicht überall an Universitäten oder Schulen zur zu finden sind.
Seit 2022 stellt die Hochschule Pforzheim jeden Dienstagnachmittag die Ressourcen nun auch Interessierten außerhalb der Hochschule in einer offenen Projektwerkstatt zur Verfügung. Auch Lehrkräfte haben seitdem die Möglichkeit, mit Schülerinnen und Schülern Lehrformate im „Maker Space“ durchzuführen. Zusätzlich bietet die Hochschule Pforzheim mit ihrem Projekt ‚Factory Space‘ seit 2019 immer neue Lehrformate, die sich ebenfalls um Themen der Produktentwicklung drehen.
Zum Start reicht der Inhalt einer kleinen Schachtel
Nun startet unter der Leitung von Martin Bergmann, ein neues Workshopformat für SchülerInnen mit dem Titel ‚Become a Future Innovator‘ in Kooperation mit dem Medienzentrum Pforzheim. Für diesen Workshop erhalten die Schüler und Schülerinnen ein kleines Starter-Set in einer Schachtel. Die Kick-Off Veranstaltung war am 20. Juni 2023. Dr. Sofia Delgado sprach mit Martin Bergmann für die KSG über die kleinen Schachteln mit der großen Wirkung und dem neuen Workshop.
Herr Bergmann, was hat Sie dazu bewegt, diesen neuen Workshop zu konzipieren?
„In den letzten vier Jahren haben wir eine Vielzahl von Workshops im Factory Space organisiert und sind dabei auf sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen eingegangen – allen voran natürlich Corona. In der Zeit haben wir schnell auf ein Onlineangebot umgesattelt, dass wir mit Schulen im Pforzheimer Umkreis durchgeführt haben. Wir haben in dieser Zeit viel Erfahrung im Umgang mit Präsenz- und Onlineangeboten, den Bedürfnissen sowohl von LehrerInnen als auch SchülerInnen und auch den notwendigen Ressourcen auf unserer Seite gesammelt. All diese Eindrücke haben Joachim Hampel (Ingenieurpädagoge and der Fakultät für Technik) und ich (Martin Bergmann – Designer und Ingenieur, Projektkoordinator des Factory Space) in die Konzeption für das neue Format ‚Become A Future Innovator‘ einfließen lassen. Dadurch können wir den Schulen in Pforzheim und dem Enzkreis moderne und zugänglich aufbereitete Inhalte aus dem Bereich der Produktentwicklung anbieten. Mit dem Medienzentrum haben wir dabei einen großartigen Partner für die Koordination und Umsetzung gefunden, die mit großer Begeisterung und ebenfalls guter Ausstattung das Projekt unterstützen.“
„Dadurch können wir den Schulen in Pforzheim und dem Enzkreis moderne und zugänglich aufbereitete Inhalte aus dem Bereich der Produktentwicklung anbieten.“
Martin Bergmann - Factory Space
Über welchen Zeitraum geht der Workshop für die Teilnehmer?
„Der Workshop lässt sich flexibel in einem Zeitraum von 2 bis 4 Wochen absolvieren. Nach einem Kick-Off Event am Medienzentrum oder der Hochschule Pforzheim können die betreuenden Lehrerinnen und Lehrer von uns produzierte Lehrvideos für ihre Unterrichtsgestaltung einsetzen.“
Reicht der Inhalt einer kleinen Schachtel aus für Innovationen? Was befindet sich im Starter-Kit?
„Wer hätte gedacht, dass man aus einem Stück Draht eines der meistverkauften Büroartikel herstellen kann – die Büroklammer. Na, Spaß beiseite. Ich denke die Kreativleistung steckt darin, die enthaltenen Komponenten in einen sinnvollen Kontext zu setzen und dadurch einen Mehrwert zu schaffen, wodurch die konkreten Bestandteile des Kits austauschbar sind. Wir haben uns entschieden es mit einem Arduino, einem Leuchtring mit 12 LEDs, zwei kapazitiven Berührungssensoren und noch etwas Zubehör für die Entwicklungstätigkeit zu bestücken. Notwendige Gehäuseteile werden je nach Produktkonzept passend 3D-gedruckt – falls eine Schule dafür nicht die Möglichkeit besitzt, kann sie auf die Ressourcen des Medienzentrums oder auch des Maker Space an der Hochschule Pforzheim zurückgreifen. Das Schöne ist, dass durch die Komponentenauswahl viele Freiheiten bleiben in der Ausgestaltung des Produkts. So kann der LED-Ring sowohl als Lichtquelle für funktionale oder ästhetische Zwecke genutzt werden oder sowohl als Informationsträger zum Beispiel für die Uhrzeit als auch als Kommunikationsmittel dienen.“
Sie sprechen mit dem Workshop eher ältere Schüler von 16-18 Jahren an. Hat das einen bestimmten Grund?
„Die Schüler und Schülerinnen in dieser Altersgruppe stehen unmittelbar vor der Entscheidung, was sie für einen weiteren Bildungsweg in ihrem Leben einschlagen möchten – oft noch, ohne einen Blick dafür zu haben, was ihnen für Möglichkeiten offenstehen. Hier möchten wir von der Hochschule Pforzheim zusammen mit dem Medienzentrum Perspektiven im Spektrum von Technik, Gestaltung und Wirtschaft aufzeigen.“
Gibt es auch digitale Einheiten während des Workshops oder findet er komplett in Präsenz statt?
„Wie weiter oben bereits angedeutet, haben wir in diesen Workshop unsere Erfahrungen im Umgang mit Präsenzveranstaltungen und Onlineangeboten einfließen lassen, sodass ein Hybridformat entstanden ist. Die Kick-Off Veranstaltungen werden in Präsenz stattfinden, während wir Lehrmaterial für den Unterricht in den Schulen digital bereitstellen. Ein Abschlussevent kann dann wiederum in Präsenz stattfinden.“
Was gibt es noch Wissenswertes über das Format zu sagen?
„An der Stelle vielleicht noch etwas zu den Lehrinhalten: Aktuell sind diese inhaltlich vor allem auf den Prozess der Ideenfindung, das Programmieren des Arduino und die digitale Gestaltung von Gehäuseteilen in CAD ausgelegt. In Zukunft ist auch denkbar dies, um weitere Module zu erweitern – z.B. Marketing und Betriebswirtschaft.“
Wer kann sich für diesen Workshop bis wann anmelden?
„Das laufende Schuljahr 2022/23 nutzen wir, um einen Pilotworkshop mit der Heinrich-Wieland-Schule in Pforzheim durchzuführen und die Lehrinhalte zu finalisieren. Im neuen Schuljahr 2023/24 können sich dann Schulen über das Medienzentrum für Termine anmelden.“
Vielen Dank für das Interview!