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Warum Startups von Frauen anders bewertet werden

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© Constanze Schneider / convincing.media
09.01.2024

Unternehmensgründung und Geschlechterrollen – Warum Startups von Frauen anders bewertet werden. Ein Interview mit den Preisträgerinnen des Entrepreneurship Research Award 2023.

Professor Dr. Theresa Veer (Eberhard-Karls-Universität in Tübingen) und Dr. Katja Bringmann (Universität Ghent) sind Autorinnen einer der beiden in diesem Jahr mit dem „Entrepreneurship Research Award“ ausgezeichneten Forschungsarbeiten. 

Der KSG Research-Award wird im Rahmen des G-Forums des Förderkreis Gründungs-Forschung e.V. (FGF) vergeben und von der Karl Schlecht Stiftung gefördert. Den Preis erhielten die beiden Forscherinnen für die Ausarbeitung des komplexen Themas “The Legitimacy Judgement - Understanding the Impact of Gender Congruent Legitimacy Judgements on New Ventures' Pre-Money Valuation".

Es geht um die Wahrnehmung der Legitimität von Unternehmen in Bezug auf Geschlechterrollen und wie diese den Wert von neuen Unternehmen beeinflusst. Geschlechterungleichheit und Stereotypen in der Geschäftswelt, ein aktuelles Thema, welches noch viel Forschung bedarf. Was sich genau hinter dem Titel der preisgekrönten Arbeit verbirgt und zu welchen Ergebnissen die beiden Forscherinnen darin gekommen sind, dazu mehr in unserem Interview.

Mit dem Preis wurden in diesem Jahr zwei Arbeiten ausgezeichnet: Die zweite Arbeit untersucht das Konfliktpotential bei unternehmensinternen Unternehmungen von Intrapreneuren und ging an ein Forscherteam aus Paderborn. Diese Arbeit stellen wir demnächst ebenfalls im Interview vor.

 

„Die Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Unternehmerinnentum stellt eine der wichtigsten Stellschrauben für nachhaltiges unternehmerisches Engagement von Frauen dar.“

Prof. Dr. Theresa Veer

KSG: „Unternehmensführung und Unternehmensgründungen sind immer noch eine Männerdomäne laut der Studie des Deutschen Startup Monitors. Haben Sie eine Vermutung, warum es kaum Veränderungen gibt?“

Bringmann: „Eine der größten Herausforderungen ist leider auch heutzutage immer noch die Vereinbarkeit von Unternehmertum und familiären Verpflichtungen. Laut dem aktuellen GEM Bericht geben etwa ein Fünftel der Frauen an, ihr Geschäft aus familiären Gründen aufgeben zu müssen, was etwa 43% häufiger der Fall ist als bei Männern. Dies ist ein klares Beispiel dafür, wie gesellschaftliche Erwartungen und Strukturen Frauen in der Geschäftswelt beeinflussen und zeigt die Wichtigkeit von unterstützenden Maßnahmen, um Frauen in der Unternehmensgründung und Führung zu stärken.“

Veer: „Gleichzeitig ist es aber auch so, dass Frauen häufig deshalb unternehmerisch tätig werden, weil es ihnen im Vergleich zu einem Angestelltenverhältnis eine höhere Flexibilität ermöglicht, Care-Arbeit und Erwerbsarbeit miteinander zu vereinbaren. Diese Art von unternehmerischer Tätigkeit entspricht dann häufig der beruflichen Selbständigkeit (zumeist in prekären Verhältnissen) aber nicht der Gründung eines Unternehmens mit ambitionierten Wachstumsplänen.

Wir müssen hier also genau hinterfragen, um welche Art von Unternehmerinnentum es sich handelt. Dr. Bringmanns und meine Forschung bezieht sich auf High-Tech Startups mit hohen Wachstumsambitionen. Hier stimme ich Dr. Bringmann voll und ganz zu, dass die Vereinbarkeit von Care-Arbeit und Unternehmerinnentum eine der wichtigsten Stellschrauben für nachhaltiges unternehmerisches Engagement von Frauen darstellt. Das kann einerseits durch öffentliche, verlässliche, bezahlbare, ausreichend lange und flexible Betreuungsangebote für (Klein-) Kinder und für ältere, pflegebedürftige Angehörige geschehen. Andererseits sind hier auch die Partner*innen und andere Familienangehörige der Unternehmerinnen gefragt. Wir brauchen also nicht nur öffentliche Angebote, sondern auch ein Umdenken in den Geschlechterrollen in Bezug auf Care- und Haushaltsarbeit.

KSG: „Vor welchen Herausforderungen stehen Frauen bei der Gründung eines Unternehmens?“

Bringmann: „Frauen, die ein Unternehmen gründen, sehen sich mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, wie nicht nur unsere eigene Forschung zeigt, sondern auch eine Vielzahl anderer Studien u.a. der neueste GEM-Bericht. In unserer Forschung haben wir festgestellt, dass Frauen als Unternehmerinnen häufig mit Stereotypen und Vorurteilen konfrontiert sind, die ihre Fähigkeiten in Frage stellen. Diese negativen Wahrnehmungen können sowohl ihre eigene Selbstwahrnehmung betreffen und wirken sich auch auf die Bereitschaft von Investoren aus, in ihre Unternehmen zu investieren. Ein besonders aufschlussreiches Beispiel dafür ist die niedrigere Bewertung von Unternehmen, die von Frauen geführt werden, selbst wenn die Investitionssummen gleich hoch sind. Investoren neigen dazu, Anteile an von Frauen geführten Unternehmen zu geringeren Preisen zu erwerben als bei männlichen Kollegen. Diese Diskrepanz bleibt bestehen, selbst wenn wir für eine Vielzahl an Variablen kontrollieren, die das Ergebnis potenziell beeinflussen könnten, wie es in quantitativen Studien üblich ist. Dieses Muster ist ein deutliches Hindernis auf dem Weg zu einer faireren und inklusiveren Geschäftswelt und unterstreicht die Notwendigkeit, diese Ungleichheiten anzugehen.“

 

„Frauen als Unternehmerinnen sind häufig mit Stereotypen und Vorurteilen konfrontiert, die ihre Fähigkeiten in Frage stellen.“

Dr. Katja Bringmann

 

Veer: „Verallgemeinert lässt sich sagen, dass wachstumsorientierte, frauengeführte Startups es nicht nur schwerer haben überhaupt Wachstumskapital zu akquirieren, weil ihr Unternehmerinnentum als weniger legitim als das von Männern wahrgenommen wird. Diese Benachteiligung setzt sich dann in den konkreten Investitionsbedingungen fort: Frauen müssen für dieselbe Investitionssumme mehr Unternehmensanteile verkaufen. Das führt einerseits dazu, dass Frauen so mehr Kontrolle an Investor*innen abgeben müssen. Andererseits zeigt dies deutlich auf, dass im Falle eines Exits der Unternehmerin sie für ihre Anteile weniger Geld erhalten wird als ein vergleichbarer Mann. Das bedeutet schlussendlich, dass Frauen für ihr unternehmerisches Risiko eine geringere Entschädigung erwarten dürfen als Männer. Diese Ungleichheit kann sich ggf. fortpflanzen, indem Frauen weniger Kapital für sequenzielle Gründungsvorhaben oder für eigene Investitionen in andere, bspw. frauengeführte Startups, zur Verfügung haben. Kurzum: die großen Unterschiede in Startup-Bewertungen durch Investor*innen haben einen verstärkenden Effekt auf andere Ebenen im Entrepreneurial Ecosystem und sind deswegen besonders bedeutend.“

KSG: „Frauen sind bei der Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten für ihr Startup noch immer systematisch benachteiligt. Woran liegt das?“

Bringmann: „Dieses Thema ist vielschichtig. Leider werden Startups von Gründerinnen auch heutzutage noch oft als riskanter wahrgenommen als vergleichbare Startups, die von männlichen Kollegen gegründet werden. Diese Wahrnehmung hat reale Auswirkungen auf die Fähigkeit von Frauen, Finanzierung zu erhalten. Sie kann zu eingeschränktem Kapitalzugang und höheren Finanzierungskosten für von Frauen geführte Startups führen, wie unsere Studie aufzeigt.

Ein wesentlicher Faktor ist die historische Struktur der Risikokapitalindustrie, die lange von Männern dominiert wurde – und dies bis heute größtenteils immer noch ist. Investoren tendieren dazu, in Startups zu investieren, die ihren eigenen Erfahrungen und Hintergründen ähneln. Es zeigt sich, dass weibliche Investorinnen eher bereit sind, in von Frauen geführte Unternehmen zu investieren. Leider gibt es nach wie vor verhältnismäßig wenige Risikokapitalinvestorinnen.“

Veer: Gleichzeitig zeigen zudem aktuelle Forschungsarbeiten, dass Investitionen von Frauen (also Investorinnen) nicht als gleichwertig wahrgenommen werden. Unternehmerinnen profitieren weniger von Investitionen durch Investorinnen als durch Investoren. Die häufig kolportierte, wohlgemeinte Empfehlung, Frauen mögen sich einen „Girls-Club“ aufbauen um die altgedienten „Boys Clubs“ auszugleichen, ist dementsprechend brandgefährlich. Wir müssen die Bedarfe von Unternehmerinnen stärker von den Unternehmerinnen und weniger im Vergleich zu ihren männlichen Konkurrenten denken.

 

„Wir müssen die Bedarfe von Unternehmerinnen stärker von den Unternehmerinnen und weniger im Vergleich zu ihren männlichen Konkurrenten denken.“

Prof. Dr. Theresa Veer

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KSG: „Kommen wir auf den Titel Ihrer Forschungsarbeit zu sprechen. Von welcher Legitimität ist hier die Rede, wenn Sie vom “Urteil über die Legitimität eines Unternehmens" sprechen? Können Sie uns grob skizzieren, welches Ziel die Arbeit verfolgt?“

Bringmann: „In unserer Forschungsarbeit definieren wir 'Legitimität eines Unternehmens' als die Wahrnehmung, dass ein Unternehmen innerhalb eines spezifischen sozialen Kontextes, in diesem Fall des Risikokapitalmarktes, als „geeignet“ angesehen wird. Dieser Ansatz ist besonders relevant in der Welt des Venture Capitals. Investoren bewerten junge Unternehmen nicht ausschließlich auf Basis von Finanzkennzahlen. Stattdessen spielen auch andere, weniger greifbare Faktoren eine wichtige Rolle. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist die wahrgenommene Legitimität eines Unternehmens, beziehungsweise Gründer*in, in den Augen von Investoren. In unserer Arbeit wollen wir verstehen, wie Geschlechterrollen und Geschlechterstereotype die Unternehmensbewertungen von Risikokapitalgebern beeinflussen. Wir hoffen, dass unsere Forschung dazu beitragen kann, die Geschlechterlücke in der Finanzierung von Unternehmertum zu verringern.“

KSG: „Welche spezifischen Aspekte der Geschlechterrollen und Legitimitätsurteile haben Sie in Ihrer Studie untersucht?“

Bringmann: „In unserer Studie erforschen wir, welche Rolle Gender bei der Legitimität neuer Unternehmen spielt. Dabei liegt unser Fokus besonders auf der Herausforderung, wie Geschlechterkonformität und -unkonformität im Kontext typischer Unternehmensaktivitäten verstanden und überwunden werden können, um ein Umfeld zu schaffen, das Gleichberechtigung fördert und stereotype Geschlechterrollen in der Geschäftswelt in Frage stellt.

  • Geschlechter-(un)konforme Verhaltensweisen: Die Grundidee dabei ist, dass bestimmte Verhaltensweisen immer noch als geschlechterkonform oder -unkonform wahrgenommen werden können, je nachdem, wie sie mit traditionellen Geschlechterstereotypen übereinstimmen. Wir haben getestet, ob eine soziale Geschäftsausrichtung – also ein Fokus auf sozialen, ethischen oder ökologischen Zielen – die Legitimität von weiblich geführten Startups erhöht. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass eine solche Ausrichtung oft mit stereotyp weiblichen Eigenschaften wie Fürsorglichkeit, Gemeinschaftsorientierung und Empathie in Verbindung gebracht wird. In der Welt des Risikokapitals wird oft immer noch erwartet, dass Frauen eher soziale oder 'weichere' Aspekte in den Vordergrund stellen, und wenn weiblich geführte Unternehmen diese Erwartungen erfüllen, könnten sie von Investoren als legitimer oder akzeptabler wahrgenommen werden.
  • Im Gegensatz dazu haben wir auch aktives Fundraising untersucht – also intensive Bemühungen, Kapital zu beschaffen. Dabei ging es darum zu testen, wie Frauen von Investoren beurteilt werden, wenn sie sich in Verhaltensweisen engagieren, die als 'untypisch' für ihr Geschlecht gelten, wie etwa das Einfordern von Kapital. Obwohl dieses Verhalten für junge Unternehmen notwendig ist, könnten sich Gründerinnen und weibliche Führungspersonen in diesem Fall mit Widerstand oder Vorurteilen konfrontiert sehen, da solche Aktivitäten, als aggressiver, risikoreicher und daher als eher männlich konnotierte Geschäftspraktiken wahrgenommen werden könnten. Dies kann zu einer niedrigeren wahrgenommenen Legitimität führen, da ihr Verhalten als nicht den traditionellen Geschlechterrollen entsprechend angesehen wird. Dies verdeutlicht einmal mehr den Double Bind, dem sich weibliche Gründerinnen stellen müssen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Gründerinnen oft mit einem höheren Maß an Kritik oder Widerstand konfrontiert sind, unabhängig davon, wie sie sich verhalten. Diese Situation unterstreicht die Notwendigkeit, Geschlechterstereotype in der Gründerwelt zu überwinden und eine Umgebung zu schaffen, in der Frauen ohne die Belastung widersprüchlicher Erwartungen und überholter Rollenverständnisse führen und innovieren können.
  • In Bezug auf evaluative Institutionen haben wir untersucht, ob die Einbeziehung von externen Eigenkapitalgebern und renommierten Kunden die Legitimität von weiblich geführten Startups steigern und zur Verringerung der geschlechtsspezifischen Diskrepanzen in der Bewertung beitragen kann.“

„Man stelle sich vor, was Frauen erreichen könnten, wenn ihre Kompetenz als Geschäftsführerinnen vorausgesetzt und nicht bei jeder Gelegenheit in Frage gestellt würde.“

Dr. Katja Bringmann

KSG: „Wie haben Sie die Daten für Ihre Forschung gesammelt und analysiert und welche Methoden haben Sie verwendet? Wie kann man die Auswirkung von Geschlechterkonformität bei der Bewertung von Start-ups messen?“

Veer: „Wir verwenden Daten, die der Startup Akzelerator eines großen, weltweit agierenden europäischen Unternehmens zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt hat. Diese Daten geben uns zuverlässige Informationen über externe Venture Capital Investitionen und die sogenannten pre-money Valuation (das ist die Bewertung des Startups, die durch die Höhe der Investitionssumme nicht verzerrt wird). Zusammen mit Informationen zu den Startups (u.a. frauen- vs. männergeführt, Industrie, Land, Alter, bisherige Startup-Performance, Fundraising Aktivitäten, Soziale Ausrichtung, u.a.) können wir mit einer Vielzahl verschiedener empirischen Analysemethoden die oben genannten Aussagen solide unterfüttern.“

KSG: „Wie können Ihre Forschungsergebnisse dazu beitragen, Geschlechterstereotype in der Geschäftswelt zu überwinden?“

Veer: „Unsere Forschung zeigt klar auf, wie weit verbreitet Geschlechterstereotype in der Startup-Welt sind und wie sehr sie frauengeführte Startups in ihrer Geschäfts- und Wachstumstätigkeit einschränken. Mehr noch: unsere Forschung unterstreicht, dass Unternehmerinnen sich einem Teufelskreis an Gender-Diskriminierung ausgesetzt sehen. Zunächst starten sie mit einer geringeren Legitimität als männergeführte Startups. Versuchen frauengeführte Startups dann mit den herkömmlichen evaluativen und kognitiven Strategien Legitimität zu erlangen, sehen sie sich erneuter Diskriminierung ausgesetzt. Einerseits werden sie dazu gedrängt, weibliche Stereotype zu bedienen (kognitive Legitimität). Dies führt dazu, dass frauengeführte Startups weniger Fundraising durchführen könnten, sodass sie noch größere Schwierigkeiten in der Kapitalakquise haben. Auch könnten frauengeführte Startups in die „Social Entrepreneurship“ Ecke gedrängt werden, die typischerweise geringe Wachstumsraten aufweist. Darüber hinaus sorgt die evaluative Legitimitätsstrategie dazu, dass frauengeführte Startups stark von Männern im Entrepreneurial Ecosystem abhängig sind, da Männer immer noch die Mehrzahl an Investoren darstellen.

Unsere Forschung zeigt also, wie sich die Stereotype negativ auf das Unternehmerinnentum auswirken, indem sie nur Unternehmerinnen direkt in ihrer Legitimität herabsetzen. Gleichzeitig weisen wir auf, wie stark gegendert herkömmliche Legitimationsstrategien für wachstumsorientierte Startups sind und wie Frauen einem Teufelskreis aus genderbedingt geringerer Legitimität und gegenderten Legitimationsstrategien gegenübersehen, die ihre Legitimationsambitionen weiter einschränken. Gerade letzteres ist bisher wenig beleuchtet, aber kritisch für frauengeführte Startups.“

KSG: „Basierend auf Ihren Forschungsergebnissen, welche Empfehlungen würden Sie Startups und Investoren geben, um Geschlechterstereotype in ihren Bewertungsprozessen zu minimieren?“

Bringmann: „Zunächst sollten Investoren sich aktiv ihrer eigenen Voreingenommenheit bewusstwerden und bestrebt sein, diese zu minimieren. Unsere Studie zeigt, dass Geschlechterstereotype die Legitimitätsurteile von Risikokapitalgebern beeinflussen können. Es ist daher wichtig, dass Investoren ihre Bewertungsprozesse kritisch hinterfragen.“

Veer: „Ich möchte hier anschließen und betonen, dass Investoren nicht nur ihre Bewertungsprozesse kritisch hinterfragen, sondern auch diese gender-gerecht gestalten. Hierzu gibt es Jahrzehnte an Forschung aus dem Bereich der Behavioral Economics, auf die Investoren aufbauen können, um ihre Auswahl- und Bewertungsprozess gender-neutraler zu gestalten. Besonders empfohlen seien hier die Arbeiten von Caroline Criado-Perez und von Iris Bohnet.“

Bringmann: „Darüber hinaus ist es entscheidend, Frauen, die hochinnovative Unternehmen mit großem Marktpotenzial gründen und entwickeln, mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Man stelle sich vor, was Frauen erreichen könnten, wenn ihre Kompetenz als Geschäftsführerinnen vorausgesetzt und nicht bei jeder Gelegenheit in Frage gestellt würde.

Schließlich empfehlen wir technologische Lösungen zu testen, um Voreingenommenheit zu minimieren. Beispielsweise können Investitionsplattformen und -instrumente, die speziell auf die Minimierung von Voreingenommenheit und Stereotypisierung ausgerichtet sind, dazu beitragen, fairere und objektivere Bewertungsprozesse zu schaffen, wie etwa durch anonymisierte Pitch-Prozesse. Künstliche Intelligenz kann eingesetzt werden, um Muster in Investitionsentscheidungen zu erkennen und auf mögliche Voreingenommenheit hinzuweisen. Ein solches Tool könnte beispielsweise analysieren, ob weiblich geführte Startups systematisch niedrigere Bewertungen erhalten, und die Investoren darauf aufmerksam machen. Diese Technologien können eine Schlüsselrolle dabei spielen, gleiche Chancen für alle Geschlechter im Startup-Ökosystem zu gewährleisten.“

Veer: „Ich möchte zuletzt betonen, wie wichtig der kritisch reflektierte Einsatz von künstlicher Intelligenz ist. Dr. Bringmann sagt hier ganz richtig, dass KI helfen kann, unbewusste Diskriminierung aufzudecken. Voraussetzung hierfür ist, dass Investoren systematisch Daten erheben und das Geschlecht der Gründer*innen ebenfalls erhoben wird. Zudem muss die Datenanalyse im Vordergrund stehen. Werden Algorithmen lediglich dazu genutzt, um vermeintlich optimale Entscheidungen auf Basis vergangener Investitionen vorherzusagen, so wird der Gender-Bias verstärkt.“

Wir sagen herzlich Danke für das Interview, das Dr. Sofia Delgado für die KSG führte. 

Die Einreichungsfrist für die Vergabe des Entrepreneurship Research Awards 2024 für herausragende Forschungsarbeiten endet voraussichtlich Mitte/Ende Mai 2024.