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„Gründung kann eine Option sein, gesellschaftliche Probleme anzugehen.“

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03.04.2025

ETA-Talk: Die Entrepreneurship Talent Academy (ETA) bringt junge Menschen mit Unternehmergeist zusammen – auch jene, die sich nicht zwingend als zukünftige Gründerinnen und Gründer sehen. Anna Sophia Dierssen, 17 Jahre alt und Chefredakteurin der Schülerzeitung am Mörike-Gymnasium in Ludwigsburg, hat sich bewusst für die Teilnahme am 3. Durchgang entschieden, obwohl sie selbst nicht gründen möchte.

„Wenn man ein gemeinsames Ziel hat, sind unterschiedliche Blickwinkel und Kompetenzen unfassbar wertvoll und das habe ich auf spielerischer Ebene sehr gut erfahren können.“

Anna Sophia Dierrsen,
Teilnehmerin der ETA, Batch 3

Im Interview spricht sie über ihre Erfahrungen mit der ETA, die Bedeutung von Unternehmertum in der Gesellschaft und darüber, was junge Menschen aus dem Programm mitnehmen können – ganz unabhängig davon, welchen Karriereweg sie später einschlagen.

KSG: „Wie bist du auf die ETA aufmerksam geworden?“

Anna Sophia: „An meiner Schule haben wir einen Wirtschaftslehrer, der immer ein bisschen Werbung für das Programm macht. Ich habe in einer seiner Rundmails von der ETA gelesen und fand es klang interessant. Nach einem digitalen Infoabend habe ich mich dann angemeldet.“

KSG: „Welche Aspekte von Gründung und Unternehmertum findest du besonders faszinierend?“

Anna Sophia: „Die Community und das Mindset finde ich sehr schön und ein bisschen witzig. Soweit ich das in der ETA erlebt habe, sind alle sehr ermutigend und Neuem gegenüber offen. Auch die Fehlerkultur wirkt sehr positiv. Einfach mal anfangen und ausprobieren und dann da verbessern oder verändern, wo es noch Potenzial gibt. Die Möglichkeit selbstständig zu arbeiten und sein Projekt individuell gestalten zu können, spricht mich auch an. Also diese Selbstständigkeit, die natürlich auch mit viel eigener Verantwortung kommt. Aber es ist cool zu sehen, dass man sich mit dem, was man gut und gerne tut, selbstständig machen und sein Projekt dann eigenverantwortlich frei umsetzen könnte. Das sind auf jeden Fall Vorteile im Vergleich zu einer festen Anstellung.“

KSG: „Was hat dich bewogen an der ETA teilzunehmen, obwohl du selbst nicht gründen möchtest?“

Anna Sophia: „Das hatte verschiedene Gründe. Wirtschaft ist vielleicht nicht mein Lieblingsthema, aber ich bin grundsätzlich ein sehr offener und neugieriger Mensch und habe immer Lust etwas Neues zu lernen, einfach mal aus der eigenen Bubble zu kommen. Dazu kam, dass ich eine Idee für eine Website hatte, beziehungsweise immer noch habe, und ich dachte mir, vielleicht lerne ich in der ETA etwas, was mir bei der Umsetzung hilft. Ebenfalls sehr ansprechend fand ich die Angebote zur Berufsorientierung. Dass man sich im Rahmen der ETA immer wieder Gedanken macht, was einem im späteren Leben wichtig ist, wie man das Richtige für sich finden kann und vor allem wie die ersten Schritte nach der Schule aussehen können, war sehr bereichernd. Außerdem fand ich, dass der zeitliche Rahmen für junge Menschen gut gewählt ist. Vor allem für alle, die schon Einiges neben der Schule machen.“

KSG: „Hat dich die ETA in irgendeiner Weise dazu inspiriert, möglicherweise doch über eine Gründung nachzudenken?“

Anna Sophia: „Dem Gründen bin ich an sich nicht abgeneigt gewesen, aber vor der ETA habe ich es nicht so sehr als umsetzbare Option gesehen. Worüber ich mich dann in der ETA vor allem in Gesprächen ausgetauscht habe, ist die Rolle, die man als Unternehmer in der Gesellschaft einnimmt.

Ich finde Gründung kann eine weitere Handlungsoption bieten, Probleme der Zeit oder Gesellschaft anzugehen. Man kann als Person oder Team zusammen etwas aufbauen, das einen gesellschaftlichen Mehrwert hat und Verantwortung mitträgt. Es geht nicht nur um Kapitalerhöhung. Ich finde es auch schön, mitzubekommen, wie stark Start-Ups durch verschiedene Wettbewerbe oder Förderprogramme unterstützt und gewünscht werden. Man hat auf jeden Fall viele Möglichkeiten, um sich auszuprobieren.“

KSG: „Was denkst du, können junge Menschen, die nicht gründen wollen, dennoch aus der ETA mitnehmen?“

Anna Sophia: „Ob man einmal gründet oder nicht, die ETA lohnt sich. Bei einem so vielfältigen Programm und Veranstaltungen mit bis zu 100 Menschen ist es fast schon unmöglich, nichts für sich mitzunehmen.  Der Austausch mit Gleichaltrigen, die Möglichkeit zu Netzwerken, die Konzepte, die man kennen lernt - ob auf beruflicher oder privater Ebene, man kann unendlich viel lernen. Selbst wenn man danach sicher ist, dass Gründung nicht das Richtige ist, hat man seinen Horizont in wirtschaftliche Hinsicht erweitert und zu wissen, was man nicht will, ist auch eine Erkenntnis.

Aber vor allem dadurch, dass es immer eine Vielzahl an Workshops und Themen gibt, finden auch weniger wirtschaftsbegeisterte Menschen ihren Platz und Auseinandersetzungen mit verschiedenen Themen. Ganz individuell habe ich in der ETA gemerkt, wie gut man mit Menschen zusammenarbeiten kann, die wirklich grundlegend anders denken als man selbst.

Wenn man ein gemeinsames Ziel hat, sind unterschiedliche Blickwinkel und Kompetenzen unfassbar wertvoll und das habe ich auf spielerischer Ebene sehr gut erfahren können.“

KSG: „Welche schulischen Erfahrungen hast du bisher mit dem Thema Gründung gemacht? Denkst du, dass es zu kurz kommt? Wenn ja, wie würdest du es dir als Schulstoff wünschen?“

Anna Sophia: „In der Schule habe ich tatsächlich kein einziges Mal über Gründung geredet. Da man Wirtschaft in der Oberstufe nur als Leistungsfach belegen kann, weiß ich nicht, ob das Thema einfach etwas später angesprochen wird, aber bis zur 10. Klasse kam es bei mir nicht vor. Ich weiß, dass es an unserer Schule mal in Form eines Seminarkurses die Möglichkeit gab, eine Art Schülerunternehmen zu gründen. Das ist cool, weil man direkt praktische Erfahrungen sammelt. Ich glaube auch, dass eine Projektform sinnvoll wäre, weil es auf Freiwilligkeit beruht und sich Leute zusammentun können, die sich in dem Bereich mal ausprobieren möchten.  Cool wäre es auch Moonshot, ein Innovationsspiel, das wir in der ETA ausprobieren durften, in den Unterricht zu integrieren. Das wäre eine etwas buntere Herangehensweise, als das Thema nur ganz normal im Unterricht zu behandeln, was halt leider schnell sehr langweilig werden kann. Aber es ist schon erstaunlich, dass das Thema nirgendwo, auch nicht bei den vielen Einheiten zur Berufsorientierung seinen Platz findet.“

KSG: „Wie siehst du die Rolle von Frauen im Unternehmertum, und inwiefern beschäftigt dich dieses Thema persönlich?“

Anna Sophia: „Aus meiner Perspektive würde ich erstmal nicht sagen, dass Frauen eine besondere Rolle einnehmen. Ich habe während der gesamten ETA-Zeit aber auch nie darüber nachgedacht und es war auch nie Thema. In den Gesprächsrunden gab es immer gleich viel Gründer wie Gründerinnen und ich habe auch das Gefühl, dass es in der Teilnehmerschaft relativ ausgeglichen war. Außerhalb der ETA kenne ich in meinem Umfeld tatsächlich auch nur Frauen, die gegründet haben. Aber das bildet natürlich nicht die Start-Up-Welt insgesamt ab. Die Unternehmerwelt ist wie vieles andere männlich dominiert. Frauen gründen sicherlich aus verschiedenen Gründen seltener, es ist nur wichtig dafür zu sorgen, dass so viel Chancengleichheit und Förderung wie möglich und nötig vorhanden ist. Gute Ideen und beeindruckende Menschen sollten nicht übersehen werden, weil die Gesellschaft sie unterschätzt.“

KSG: „Denkst du, dass die Teilnahme deinen Blick auf berufliche Möglichkeiten verändert hat? Was nimmst du als Gesamtes von der ETA-Veranstaltung mit?“

Anna Sophia: „Mein Interesse an dem Thema hat sich über die ETA schon sehr gewandelt. Davor war es einfach keinen Themenfeld, über das ich viel nachgedacht habe. Nach der ETA und vor allem durch die Gespräche mit Gründern und Gründerinnen spricht es mich schon mehr an. Das Thema Gründung ist ein wenig greifbarer und realistischer geworden. Aber neben viel neu Gelerntem und vielen Erkenntnissen habe ich durch die ETA auch gute neue Freunde und Kontakte in ganz Deutschland gewonnen. Und natürlich nehme ich auch die Erinnerung an zwei Wochenenden mit ganz viel schönen und besonderen Momenten mit.“

Wir sagen herzlichen Dank für das Interview. Die ETA startet in diesen Tagen in ihren 4. Durchgang!