Um außerhalb der Box zu denken, muss man sie erstmal öffnen! Mit dem neuen Spiel „Revolutionary Minds“ legt das HEED ein inspirierendes Toolkit vor, ein Kartenset, das neue Perspektiven eröffnet und die Kreativität in Teams fördert.
Entwickelt wurde das Spiel, das jetzt über den Buchhandel erhältlich ist, mit Studierenden der visuellen Kommunikation am Institut für Human Engineering & Empathic Design HEED. Wir sprachen mit Prof. Sven Schimpf, der die Stiftungsprofessur für Innovations- und Interdisziplinaritätsforschung am HEED der Hochschule Pforzheim innehat und die Entstehung federführend begleitete.
KSG: „Herr Schimpf, wie kam es zur Entwicklung des Spiels?“
Sven Schimpf: „Die grundlegende Idee ist aus der Strategie der Hochschule Pforzheim „Führend durch Perspektivenwechsel“ entstanden, die das Zusammenspiel der drei Fakultäten Technik, Wirtschaft & Recht und Gestaltung abbildet. Ziel war es, eine Kreativitätstechnik zu entwickeln, die den Perspektivenwechsel für die Lösung von Herausforderungen nutzt.
Im Sommersemester 2022 haben fünf Teams des Studiengangs visuelle Kommunikation der Fakultät für Gestaltung an unterschiedlichen grafischen Konzepten für dieses Ziel gearbeitet. Daraus hat sich das Konzept der Verwendung von Halbprofilen von Anna Waldinger und Franziska Buschinger in der Auswahl durchgesetzt. Der Gestaltungsprozess wurde vom Studiengangsleiter Prof. Sebastian Hackelsperger über das Semester hinweg gemeinsam mit dem Team des HEED begleitet.“
KSG: „Was ist die Methodik dahinter?“
Schimpf: „Die methodische Herangehensweise ist die der systematischen Variation – ein unter den Kreativitätstechniken zur Lösungsfindung nicht unüblicher Ansatz. Das Besondere am Revolutionary Minds Toolkit liegt in der Nutzung von Persönlichkeiten verschiedener Disziplinen, Geschlechter und regionaler Herkünfte und deren Einsatz für den Perspektivenwechsel. Dazu sind 40 Persönlichkeiten jeweils mit den wichtigsten Charaktereigenschaften und einem Zitat beschrieben, ergänzt durch vier Blanko-Karten, auf denen weitere Persönlichkeiten in einem eigenen Design ergänzt werden können.
“WAS WÜRDE … TUN?” ist die Leitfrage, um die Perspektive einer oder mehrerer der Revolutionary Minds einzunehmen und die eigene Herausforderung aus deren Perspektive zu betrachten. Die Auswahl der Persönlichkeiten kann dabei zufällig oder bewusst getroffen werden.“
KSG: „Was ist der Nutzen des Spiels und worin liegen die Vorteile?“
Schimpf: „Jeder Mensch, jedes Team und jede Organisation haben eine eigene Perspektive auf die Welt deren Teilbereiche. Der Hauptnutzen von Revolutionary Minds liegt darin, die eigene Perspektive zu überwinden und die Rolle der dargestellten Persönlichkeiten einzunehmen. Neben der Lösung konkreter Herausforderungen dient dies auch der Überwindung von kognitiven Verzerrungen (auf Englisch: Biases – bspw. dem „group bias“), des Trainings von Empathie oder dem Warm-up für kreative Prozesse.
Das Toolkit kann während aller Phasen des Innovationsprozesses verwendet werden, z. B. von der Problemdefinition, über die Ideenfindung, bis hin zur Integration der Revolutionary Minds als Evaluatoren in Meilenstein-Reviews. In der Kurzbeschreibung, die dem Toolkit beiliegt, sind mögliche Variationen der Anwendung kurz beschrieben.
Ein Highlight von Revolutionary Minds ist, dass jede einzelne Persönlichkeit basierend auf der Visualisierung in Halbprofilen mit anderen kombiniert werden kann. Wie in der Realität zur Lösung größerer Herausforderung müssen daher auch die dargestellten Persönlichkeiten im Team zusammenarbeiten. Spannend sind dabei insbesondere die außergewöhnlichen Konstellationen, wie beispielsweise wenn der Joker mit Elon Musk und Jane Goodall in einem Team an der Lösung unserer Herausforderungen arbeiten.“
KSG: „Wo kann das Spiel eingesetzt werden?“
Schimpf: „Neben der Unterstützung in Unternehmen oder Forschungsorganisationen wurde das Toolkit auch in Schulen und Universitäten getestet, um Freude an Kreativität, Empathie und Innovation in verschiedenen Fachbereichen zu vermitteln und kreative Lösungen für die eigenen Herausforderungen zu finden. Der Perpektivenwechsel ist ein recht umfangreich einsetzbares Instrument.“
KSG: „Die Stiftung fördert das HEED seit vielen Jahren. Wie kam es dazu, dass der Stifter mit einer eigenen „Sonderkarte“ geehrt wurde?“*
Schimpf: „Für die Auswahl der Persönlichkeiten waren Studierende und Professoren der gesamten Hochschule eingebunden – immer mit dem Blick darauf, ein Gleichgewicht regionaler, ethnischer und disziplinärer Herkünfte herzustellen. Karl Schlecht als Gründer des Unternehmens Putzmeister, als Stifter und als Rollenmodell für visionäre Entrepreneure spielt für uns natürlich eine bedeutende Rolle. In Abstimmung mit der KSG haben wir uns dazu entschieden die Sonderkarte nur in kleinerer Runde zur Verfügung zu stellen.“
KSG: „Verraten Sie uns: Die Perspektive welcher Persönlichkeit nehmen Sie gerne ein, um außerhalb der Box als Professor für Innovationsforschung zu denken?“
Schimpf: „Besonders freue ich mich immer wieder über die Zitate, die wir für die Revolutionary Minds gefunden und ausgewählt haben. Hier seien nur drei davon genannt:
- das von Thomas Edison: „I have not failed. I’ve just found 10.000 ways that won’t work.“
- Pippi Langstrumpf: „I have never tried that before, so I think I should definitely be able to do that.”,
- und ganz aktuell: das der künstlichen Intelligenz, die wir nach einigem hin und her auch als eine Art Persönlichkeit aufgenommen haben: „The results are loading…“
Um die eigentliche Frage zu beantworten: jenseits der Professorenbox finde ich mich häufig und gerne in der Beschreibung der Rolle von Angus McGuyver wieder, insbesondere bezüglich der kreativen Nutzung verfügbarer Ressourcen und des Improvisationstalentes hinsichtlich der Entwicklung außergewöhnlicher Lösungen...“
KSG: „Also schlüpfen Sie als Professor auch mal in die gemischte Rolle aus Geheimagent, Abenteurer und Nothelfer? Wir sind schon gespannt, welche kommende Inspiration Sie und Ihr Team parat haben werden! Womöglich besteht die ja dann aus einem Streichholz, einem Palmwedel und einer leeren Getränkedose ;-) Bis dahin sagen wir herzlich Danke für das Interview.“
*Die Karl Schlecht Karte ist nicht im normalen Spielumfang erhalten, sondern eine Sonderedition für den Stifter Karl Schlecht.
Wer jetzt neugierig geworden ist: Das Toolkit ist bei BIS Publishers (www.bispublishers.com) erschienen und im Buchhandel erhältlich (ISBN 978-90-6369-683-2). (Links)