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Wie die LTA junge Talente auf Führungsaufgaben vorbereitet

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© AICORN
28.01.2025

Von der Theorie zur Praxis: Interview mit dem LTA-Alumni Dr. Thilo Richter 

Die Leadership Talent Academy (LTA) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) geht bereits in die achte Runde. Sie bietet Masterstudierenden und Promovierenden der Ingenieur- und Naturwissenschaften die einzigartige Gelegenheit, sich gezielt auf Führungsaufgaben im Berufsleben vorzubereiten. Das exklusive Förderprogramm richtet sich an angehende Führungskräfte, die kurz vor dem Übergang ins Berufsleben stehen und sich für werteorientierte Führung und Persönlichkeitsentwicklung interessieren.

Dr. Sofia Delgado befragte Dr.-Ing. Thilo Richter aus dem ersten Durchlauf zu seiner Erfahrung mit der LTA. Er ist Gründer von AICORN. Sein junges Unternehmen macht Daten rund um Schienenfahrzeuge mittels Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz besser nutzbar und verwertbar.

KSG: „Herr Dr. Richter, Sie waren im ersten Durchlauf der LTA mit dabei. Seitdem ist ein wenig Zeit vergangen. Wie hat die Teilnahme an der LTA Ihre Sicht auf das Thema Führungsverantwortung und Leadership im Nachhinein verändert, nachdem Sie mittlerweile selbst ein eigenes Unternehmen führen.“

Richter: „Leadership war für mich schon vor der LTA ein spannendes Thema. Genau deshalb hatte ich mich beworben. Beispielsweise war ich schon als Schüler von meinem Gastvater in den USA sehr inspiriert. Er ist ein beeindruckender Unternehmer, der nicht nur wirtschaftlichen Erfolg hat, sondern auch Menschen um sich herum begeistert. Die LTA hat mir geholfen, diese Idee von Leadership zu reflektieren und auf meinen eigenen Alltag zu übertragen. Besonders durch meine Frau, die aus Ecuador stammt, habe ich gelernt, welche enorme Bedeutung unterschiedliche „Denk-Modelle“ haben. Was für den einen Klarheit und Struktur bedeutet, kann für den anderen ein zu enges Korsett sein. Diese Sensibilität ist mir heute besonders wichtig – sei es bei meinem Unternehmen aicorn oder zu Hause, wo ich als Vater für meine Tochter da bin.“

KSG: „War die LTA Ihnen persönlich behilflich, sich auf den Übergang vom Studium in das Berufsleben besser vorzubereiten?“

Richter: „Ich hatte während des Studiums das Gefühl, auf mehreren Hochseilen gleichzeitig zu balancieren: Meine kleine Gütertransportfirma, ein internationaler Wettbewerb zu Nano- und Mikrosensoren und die Herausforderung einer Fernbeziehung nach Ecuador. Die LTA hat mir gezeigt, wie wichtig Klarheit ist. Diese Klarheit half mir, die vielen parallelen Herausforderungen nicht nur zu managen, sondern auch zu priorisieren – eine Fähigkeit, die ich heute bei aicorn täglich brauche.“  

KSG: „Die LTA bietet die Chance, sich in einem geschützten Rahmen auszuprobieren. Wie haben Sie diesen während Ihrer Teilnahme nutzen können, um neue Ansätze oder Führungskompetenzen auszuprobieren, und welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?“

Richter: „Das Modul „Embodied Leadership“ hat mir besonders gefallen, weil es mich an meine Erfahrungen aus dem Kampfsport erinnert hat. Beim Kampfsport kämpft man nicht gegen den Gegner, sondern vor allem gegen sich selbst – gegen die eigenen Zweifel und inneren Grenzen. In einer Übung bei der LTA sollten wir allein durch Haltung und Körpersprache Führung demonstrieren. Dabei habe ich gemerkt, wie viel von der eigenen Einstellung abhängt. Diese Erkenntnis nutze ich heute oft: Wenn ich mein Team bei einem neuen Thema mitnehmen möchte, geht es nicht nur darum, was ich sage, sondern auch darum, wie ich es ausstrahle.“

Dr. Thilo Richter beim KSG-Jubiläum 2023 \ © Bild: JC Winkler Photography

KSG: „Gibt es Fähigkeiten oder Erkenntnisse aus dem Programm, von denen Sie heute in Ihrem beruflichen Alltag noch profitieren können?

Richter: „Eine der größten Erkenntnisse aus der LTA ist die Bedeutung von Klarheit. Diese Klarheit finde ich morgens oft beim Sport oder Meditieren. Oder abends, wenn ich beim Einschlafen reflektiere, wofür ich dankbar bin. Führung ist für mich oft wie ein Balanceakt: Bei aicorn müssen wir manchmal unter großem Druck Entscheidungen treffen, und trotzdem will ich Zeit für meine Tochter und meine Frau finden. Die LTA hat mir geholfen, diese Prioritäten immer wieder bewusst für mich selbst zu beleuchten.“

KSG: „Die LTA legt besonders Wert auf den Ausbau eines starken Alumni-Netzwerkes. Wie bewerten Sie rückblickend die Bedeutung des Netzwerks, das Sie durch die LTA aufgebaut haben? Sind dauerhafte Kontakte oder Freundschaften entstanden?“

Richter: „Das Netzwerk der LTA ist für mich wie ein gut funktionierendes Navigationssystem: In jeder neuen Situation gibt es jemanden, der einem den richtigen Weg zeigen kann. Ein Beispiel aus meinem Alltag: Oft frage ich mich nicht mehr, „Wie löse ich dieses Problem?“, sondern „Wer kann mir dabei helfen?“ Dieser Perspektivwechsel hat mich enorm weitergebracht. Bei aicorn arbeiten wir an hochkomplexen Projekten, bei denen ich mich oft an Experten aus meinem Netzwerk wende. So habe ich gelernt, dass man gemeinsam immer schneller und sicherer ans Ziel kommt, als wenn man versucht, den Weg allein zu finden.“

KSG: „Können Sie uns von einer besonders einprägsamen Erfahrung während des Programms berichten?“

Richter: „Eine prägende Erfahrung war die Diskussion mit einem der Referent in einem Modul. Wir diskutierten die Frage, ob Führungskräfte darauf achten sollten, ihre Beziehungen zu Mitarbeitenden nicht zu persönlich werden zu lassen – etwa durch Grillabende oder andere private Aktivitäten. Viele stimmten dem zu. Das hat bei mir einen Nachdenkprozess angestoßen. Denn ich sehe das anders: Bei aicorn organisieren wir bewusst gemeinsame Erlebnisse, wie unser Team-Event in Spanien, zusammen Kajak fahren, Kochabende oder Skifahrten im Winter. Diese Aktivitäten schaffen nicht nur Vertrauen, sondern stärken auch das Teamgefühl, was sich im Arbeitsalltag bemerkbar macht. Entscheidend ist jedoch – und das habe ich aus der Diskussion mitgenommen – Klarheit. Im Endeffekt gibt es auch hier kein Richtig oder Falsch, sondern jeder muss seinen Weg finden.“

KSG: „Wir sagen vielen Dank für das Interview und wünschen Ihnen auf Ihrem Weg alles erdenklich Gute!“

Zur LTA: 
In 8 Modultagen werden bei der LTA am KIT zentrale Themen wie Good Leadership vermittelt, ergänzt durch individuelles Coaching und die Möglichkeit zur Teilnahme an der „Akademie Führung und Persönlichkeit“. Die LTA bietet zudem Raum für offene Diskussionen mit Expertinnen und Experten sowie die Chance, sich in einem geschützten Rahmen auszuprobieren. Gefördert von der Karl Schlecht Stiftung, legt das Programm großen Wert auf Reflexion und Karriereplanung und unterstützt die Teilnehmenden dabei, ein starkes Alumni-Netzwerk aufzubauen. 

Der Start der Bewerbungsphase für die achte Runde der LTA in Karlsruhe beginnt Ende Januar 2025. Bewerben können sich Studierende und Promovierende  bis zum 16.2.2025 unter KIT - IRM - Studierende - Leadership Talent Academy. 

Im nächsten Gespräch wird Fabiula Hanauer, Führungskraft bei Audi, systemischer Coach  und Absolventin der LTA in München, über ihre Erfahrungen berichten.