Nachruf Prof. Dr. Thomas Kühn,
Erich Fromm Study Center, Berlin
Mit großer Trauer habe ich vom Tod von Karl Schlecht erfahren, dem ich viel verdanke und der von großer Bedeutung für meinen Lebensweg war und auch weiter bleiben wird.
Mit der Gründung des Erich Fromm Study Centers im Jahr 2016 wurde ich von der IPU Berlin zum Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie und zugleich gemeinsam mit Dr. Rainer Funk zur Leitung dieses Zentrum berufen.
Karl Schlecht kam zur Eröffnung nach Berlin und hielt eine Rede, in der er uns den für sein Wirken folgenden zentralen Satz mit auf den Weg gab:
„Meisterschaft im Leben gelingt mit Liebe zum eigenen Tun. Das ist Liebe zum Leben. Diese Kunst als Steigerung des Könnens zu begreifen, hat mich Erich Fromm gelehrt.“
Damit knüpfte Karl Schlecht an das ihm besonders am Herzen liegende Buch „Die Kunst des Liebens“ an. Fromm betont darin, dass Liebe die tätige Sorge für das Leben und das Wachstum dessen ist, was wir lieben.
Dank der tätigen Sorge von Karl Schlecht sind viele in ihrem Zuschnitt einzigartige und höchst relevante Vorhaben entstanden und gewachsen, wie zum Beispiel das FILUM oder das Weltethos-Institut.
Auch und besonders dank der zugleich mutig-unkonventionellen, klugen und visionären Fähigkeit von Karl Schlecht, Themen neu zu besetzen und Verbindungslinien zu ziehen, die bislang so nicht gesehen wurden, wurde es uns im Erich Fromm Study Center und insbesondere mir im Rahmen meiner Professur für Arbeits- und Organisationspsychologie möglich, am Transfer des Frommschen Ansatzes für die Untersuchung gesellschaftlicher Schlüsselfragen zu arbeiten und dabei insbesondere zu verdeutlichen, wie relevant der Ansatz von Fromm für die Praxis von „good leadership“ auf der Grundlage einer humanistischen Ethik ist.
In einer Mail schrieb Karl Schlecht einmal mit dem ihm durchaus eigenen Schalk. „Fromm lohnt sich (nicht nur LIDL)“. Davor hatte er zum Ausdruck gebracht, dass er auch im Alter von 85 Jahren die Auseinandersetzung mit dem Frommschen Werk „ganz fromm noch als sprudelnden spirituellen Jungbrunnen, Geschenk und seelische Medizin“ begreife. Er spüre, wie „wie LIEBEN kreativ machen kann“.
In einer anderen Mail betonte er ganz in diesem Sinne, dass es ihm in Anlehnung an Fromm nicht um Lieben nicht als Selbstzweck, sondern um „daraus befruchtetes richtiges Entscheiden“ ginge.
Nie werde ich selbst vergessen, wie mich Karl Schlecht bei einem meiner ersten Besuche in Aichtal im Jahr 2018 persönlich durch die Hallen des Putzmeister Werkes geführt hat. Hier waren sein überspringender Tatendrang und die damit verbundene Begeisterung für mich deutlich spürbar und ein Sinnbild dafür, was Karl Schlecht mit „Liebe zum Tun“ bezeichnete. Noch vor ein paar Wochen habe ich dies bei einem Besuch im Aichtal bei einem sehr schönen Gespräch wieder erlebt, das nun leider das letzte zwischen uns war.
Wir freuen uns aber, dass wir an der IPU und am Erich Fromm Study dem Anliegen Karl Schlechts folgend weiter Menschen mit Führungserfahrung dabei begleiten und unterstützen können, praxisorientiert unbewusste Prozesse in Organisationen sowie deren Entstehungs- und Wirkungsweise zu verstehen und auf Grundlage dieses Verständnisses besser führend agieren zu können.
Seiner Frau Brigitte und seiner Tochter Katrin gilt mein besonderes Mitgefühl.